Diese Woche ist einer ganz tollen und lieben Autorin gewidmet:
Marlies Lüer
Die Autorin lebt mit Blick auf idyllische Weinberge in einem milden Klima. Das ist fast so gut, wie ein Hobbithaus in Tolkiens Auenland zu bewohnen, wo sie eigentlich leben möchte. Aber da man bekanntlich nicht alles im Leben haben kann, sitzt sie zufrieden im badenwürttembergischen „Ländle“ und schreibt ein Buch nach dem anderen, erträumt sich allerlei Abenteuer und bringt ihren Lesern sanfte, magisch-schöne Fantasy von ihren Reisen in andere Welten mit.
Und auch aus dieser Welt, die wir alle bewohnen, weiß sie schöne Geschichten zu erzählen.
„Geheime Rezepte der Lindenhaus-Frauen“
Ein Kochbuch, passend zu einem Roman? Ja, das gibt es! Im „Lindenhaus“, in einer schwäbischen Weinberggegend gelegen, wird so viel und gut gebacken, gekocht und genossen, dass der Moment kam, wo es einfach nur noch logisch war, der geneigten Leserschaft eine Rezeptsammlung anzubieten.
Der Clou: Die Romanfiguren Melissa, Miranda, Hannah und Robert geben ihre Kommentare zu den einzelnen Gerichten ab.
Ist die Welt bereit für eine Kokosbällchen-Schwemme? Ich hoffe es 😉
Miras Welt ist eine schöne, tiefsinnige Welt. Die alte Dame hatte eine schwere Lebensaufgabe, die sie mit Bravour gemeistert hat. Durch das Leid um ihren schwerstkranken Sohn entwickelten sich bei ihr im hohen Maße Empathie und Medialität, und so wurde sie zur Lichtbringerin für andere Menschen. Melissa, eine junge Journalistin, fand bei ihr Schutz und Geborgenheit, als deren eigene Welt zusammenbrach. Beide Bücher („Miras Welt, Engelshauch und Kaffeeduft“/“Melissas Welt, Bienenflüstern und Drachenraunen“) erzählen vom eigentlich ganz normalen Leben, dass doch so fordernd und kräftezehrend, aber auch beglückend und erfüllend sein kann.
Es sind Bücher abseits des Mainstreams, teils mit autobiografischen Zügen.
Ein dritter Band wird in 2016 die Reihe um die Lindenhaus-Frauen vollenden. Melissas Töchter Hannah und Miranda und das „Café Mira“ werden im Mittelpunkt stehen. Übrigens: Das Cover des Koch- und Backbuches zeigt, wie gemütlich das Café ist und gewährt auch einen Blick in den Garten auf der Rückseite des Hauses. Es wurde von Isabell Schmitt-Egner nach den Wünschen der Autorin gestaltet. Jedes Mal übertrifft sich Isabell selbst!
Und hier, als Schmankerl für die Leserschaft von Bellas Blog, eins der „geheimen Rezepte“!
Miras Mandel-Pfirsich-Kuchen
Zutaten:
300 g Dinkelmehl
50 g Kartoffelstärke
¾ Pä. Backpulver
180 g Zucker
4 mittelgroße Eier
200 g Butter
etwas Milch für den Teig
4 Pfirsichhälften aus der Dose
100 g gemahlene Mandeln
Hagelzucker zum Bestreuen
etwas Butter für die Kastenform zum Ausfetten
Zubereitung:
Die weiche Butter mit dem Zucker in eine Rührschüssel geben. Mit dem Handmixer kurz verrühren, dann einzeln die Eier hinzugeben und rühren, bis die Masse leicht schaumig ist.
Mehl, Stärke und Backpulver vermischen und portionsweise gesiebt unter die flüssige Masse rühren, etwas Milch nach und nach hinzugeben. Nur so viel Milch verwenden, dass der Teig schwer reißend vom Löffel fällt. Die gemahlenen Mandeln und die Pfirsiche, gewürfelt, unterheben.
Den Teig in die Mitte einer mit etwas Butter ausgefetteten Kastenform geben. Wenn seine Konsistenz gut gelungen ist, verteilt er sich von selbst gleichmäßig in der Backform.
Zum Schluss mit Hagelzucker bestreuen, so dass ein dicker Streifen längst den Kuchen ziert.
Im leicht vorgeheizten Ofen backen, ca. 40 Minuten bei 180° C.
Nach einigen Minuten (wenn sich eine „Haut“ auf der Teigoberfläche gebildet hat) den Kuchen im Ofen mit einem scharfen Messer mittig längst einritzen, damit er schön gleichmäßig aufreißt.
Zum Schluss der Backzeit die Holzstäbchenprobe machen. Wenn kein Teig daran hängen bleibt, ist der Kuchen gar.
LESEPROBEN
Aus „Miras Welt“
Am Sonntagmorgen wachte ich in gedämpfter Stimmung auf. Ich würde heute Frau Mertens gegenüberstehen. Aber was sollte ich ihr dann sagen? Ein „Danke fürs Lesen dürfen“ wäre nicht genug. Wie fühlte sie sich nach so vielen Jahren mit diesem Schicksal? Durfte ich sie auf den Inhalt des Buches überhaupt intensiv ansprechen? Wir waren gegen 15 Uhr verabredet. Ich kaufte am Bahnhof einen großen Blumenstrauß für Frau Mertens, denn ich hatte ihr viel zu verdanken und wollte ihr eine Freude machen. Als ich schließlich Max vor der Tür des kleinen Landhauses parkte, wusste ich immer noch nicht recht, was ich sagen sollte. Ich öffnete das Gartentor und erfreute mich beim Durchgehen am Rosenduft. Auf mein Klingeln hin öffnete eine fremde Frau die Tür. Ich war mir aber sicher, vor dem richtigen Haus zu stehen.
„Hallo, Sie sind bestimmt die Melissa Fink“, sagte die Fremde, mehr als Feststellung denn als Frage. „Mira hat mich gebeten, Ihnen zu öffnen. Sie ist noch mit der Kundin beschäftigt. Kommen Sie herein!“ Mit einer einladenden Handbewegung trat sie in die Diele zurück und ich folgte ihr höflich dankend. Sie führte mich ins Wohnzimmer, bat mich, am gedeckten Kaffeetisch Platz zu nehmen und verschwand in einen kleinen Raum neben der Küche. Sie kam mit einer großen Blumenvase zurück, die bereits mit Wasser gefüllt war. Ich dankte ihr dafür und öffnete unten das Papier, krempelte es etwas hoch und stellte die Blumen hinein.
„Mein Name ist Klara, ich bin eine Freundin von Mira und heute gekommen, weil ich ein Seelenbild malen werde für die Kundin, der Mira gerade die Tarotkarten legt“, erklärte die Fremde. „Wenn es Sie nicht stört, werde ich weiterarbeiten, bis Mira kommt. Sie ist noch im Gästezimmer“, fügte Klara erklärend hinzu.
Ich nickte und nahm wieder am Tisch Platz, der hübsch mit drei Kaffeegedecken bestückt war. „Darf ich Ihnen vielleicht über die Schulter schauen? Ich habe noch nie ein Seelenbild gesehen, was ist das denn?“
„Sie wissen, dass Sie hier in einem, sagen wir, speziellen Haus sind?“ Klara grinste mich an. „Wird auch gern mal Hexenhaus genannt.“
Ich nickte.
„Okay, dann erkläre ich es Ihnen. Es ist eigentlich simpel. Ich stimme mich medial auf das Energiefeld des Kunden ein und sehe dann in mir Farben, Formen, manchmal auch Pflanzen oder Tiere. Das hat für die betreffende Seele, sagen wir mal, Symbolcharakter. Es ist eine Information enthalten, die subtil auf die Psyche einwirkt. Der Besitzer dieses Bildes fühlt sich wohler und gestärkt, wenn er es betrachtet, es ist absolut auf diese eine, einzigartige Seele abgestimmt. Selbst der Wohnraum dieses Menschen profitiert von der Ausstrahlung des Bildes und wirkt wiederum günstig auf den Menschen ein. Was ganz genau da am Werk ist, weiß ich selber nicht. Ich bin zu dieser Art von Malerei gekommen wie die sprichwörtliche Jungfrau zum Kinde. Es war mehr Zufall, dass ich dieses Talent entdeckt habe. Zuerst fertige ich eine Skizze der Vision an, nachdem ich den Auftraggeber kennengelernt habe. In meinem Atelier übertrage ich dann das alles mit Ölfarben auf eine Leinwand.“
Bevor ich etwas antworten konnte, hörte ich, wie die Tür vom Gästezimmer geöffnet wurde. Die Beratung war wohl beendet. Die auffallend gut und teuer gekleidete Kundin kam mit Frau Mertens zusammen ins Wohnzimmer, würdigte mich keines Blickes, sondern ging gleich zur Malerin, gab ihr nach einem kurzen Wortwechsel ihre Visitenkarte und Geld und wurde dann zur Tür hinausbegleitet. Jetzt erst konnte ich Frau Mertens richtig begrüßen. Wir umarmten uns herzlich, als wären wir beste Freundinnen.
„Sagen Sie bitte Mira zu mir! Das ist doch viel angenehmer und nicht so steif. Klara, sei ein gutes Kind und hole die Torte aus dem Kühlschrank.“
Mira zwinkerte mir verschwörerisch zu. „Ich bin die Einzige, die zu ihr Kind sagen darf“, flüsterte sie.
Die Torte entpuppte sich als ein wahres Prachtstück. Eine dreistöckige, zweifarbige Buttercremetorte
prangte auf dem Tisch. Klara holte auch noch den duftenden Kaffee herein und dann saßen wir einträchtig beisammen, schmausten und plauderten. Die Vanille- und Schokocreme war überaus gut gelungen. Nicht zu süß, aber süß genug! Nicht zu fettig, aber gehaltvoll genug! Das aufwändige Muster auf der Torte war mit einem Spritzbeutel gemacht. Und mit Hingabe. Und eindeutig ohne Angst vor Kalorien! Nach unserem Kaffeekränzchen nahm Klara ihre Skizze und verabschiedete sich von uns. Leider konnte ich darauf keinen Blick mehr werfen.
Mira und ich räumten einträchtig das Geschirr in die Küche. Der Rest der Torte kam in den Kühlschrank. Wir nahmen uns jede einen Becher Kaffee mit in den Garten hinaus. Diesmal kam ich ohne Zwischenfälle bei der Gartenbank an und betrachtete dort zuerst Thaddäus. „Guck mal, du Drache, meine Beule!“ Spaßeshalber neigte ich sogar meinen Kopf zu ihm hin, damit er das Malheur deutlich sehen konnte. Mira und ich lachten uns an. Ich nahm meinen Mut zusammen und sagte: „Mira, ich habe das Buch zum größten Teil gelesen. Ich möchte Ihnen aufrichtig danken, dass ich es lesen darf. Es ist das Erschütterndste, was ich je über eine Familie gelesen habe.“ Mehr konnte ich nicht sagen, aber ich griff nach ihrer Hand und drückte sie kurz, um meinem Mitgefühl wortlos Ausdruck zu verleihen.
Sie lächelte mich wissend an und erwiderte den Händedruck. „Melissa, wissen Sie, es ist schon so lange her, so viele, viele Jahre. Dennoch sind die Ereignisse immer noch in mir lebendig. Aber sie haben nicht mehr die Macht, mich zu überwältigen. Wir leben einträchtig miteinander, die Erinnerungen und ich. Es musste so sein damals. Es musste sein.“ Sie schaute nun sehr ernst und schlug dann die Augen nieder, so, als hätte sie zu viel von sich preisgegeben. „Aber lassen Sie uns heute nicht davon reden. Ich will lieber den Garten in dieser frühen Abendstunde mit Ihnen gemeinsam genießen. Sie sehen viel besser aus, meine Liebe. Sie scheinen sich erholt zu haben?“
Das konnte ich nur bestätigen.
„In der nächsten Ausgabe von „FRiZ“ wird das Interview erscheinen. Die Reportage heißt: „Die weisen Frauen der Zeitenwende“. Sie erhalten natürlich ein kostenloses Belegexemplar.“
Mit einem Mal ging mit Mira eine Veränderung vor sich. Mir kribbelte es auf der Haut. Sie sah plötzlich jünger aus und hatte strahlende Augen wie ein junges Mädchen, das mit unendlicher Vorfreude zum ersten Sommerball geht.
Sie legte mir ihre Hand auf den Arm und sagte leise: „Melissa, er ist hier! Hier bei uns.“
„Wer?“ Ich schaute verständnislos drein.
„Mein Engel!“
Vor vier Tagen noch wäre mir in diesem Moment eine respektlose Anmerkung durch den Kopf gegangen, aber inzwischen kannte ich die alte Frau zu gut. Ich wusste nicht, wen oder was sie sah, aber dass sie „sah“, das merkte ich deutlich.
Mira lauschte nach innen und begann leise zu sprechen:
„Mein Engel hat jemanden mitgebracht. Dieses Geistwesen zeigt sich als ein kleines Kind, ein Knabe von etwa drei Jahren. Er hält einen zerbrochenen Becher oder Kelch in der Hand, aus dem eine kleine Schlange kriecht. Wie ungewöhnlich! Er hat lockiges Haar, das so wie Ihres ist. Ein schönes Kind, mit einem ganz warmherzigen Lachen. Der Junge verzieht jetzt schmerzlich das Gesichtchen und drückt seine Hände auf die Herzgegend. Mein Engel sagt, er wäre Ihr Schutzgeist, sie hätten nicht nur Ihren Schutzengel von Geburt an, diese Seele würde sie zusätzlich mit großer Liebe begleiten. Er würde Ihnen auch helfen, wenn Sie auf der Brücke stehen. Der Junge versucht jetzt, mir seinen Namen zu nennen, ich kann es nicht genau empfangen, es klingt so ähnlich wie Benny. Ja, Ben oder Benny. Mein Engel gibt jetzt Energie hinzu, damit ich die Kraft der Konzentration nicht verliere. Er sagt, das alles sei wichtig für Sie! Nun ändert sich das Bild. Der Junge kniet jetzt spielend auf einer Sommerwiese. Weiße Wolken ziehen am Himmel über ihn hinweg. Er hält etwas im Arm. Es ist ein weißer Hase. Oh, jetzt runzelt er die Stirn, das stimmt wohl so nicht. Er sagt lächelnd: Das müsstest du doch besser wissen! Ich sehe nun einen Gartenzwerg. Oh, jetzt verstehe ich! Es ist ein Zwerg-Kaninchen. Der Knabe hält also ein weißes Zwergkaninchen im Arm. Jetzt schwebt eine kleine, weiße Wolke vom Himmel herab und hüllt die beiden ein. Sie nimmt sie hinweg und sie entfernen sich.“
Mira atmete tief ein und dann geräuschvoll aus. Sie lehnte sich zurück, schloss die Augen und schwieg einige Minuten lang. Ich hatte immer noch Gänsehaut.
„Alles in Ordnung?“, fragte ich.
„Oh ja, danke, es geht gleich wieder. Das war eine kraftvolle Vision. Die habe ich selten. Es war eine ganz hohe, feine Schwingung, das war schön für mich. Haben Sie sich alles merken können? Die Botschaft war direkt an Sie gerichtet! Das ist ein großes Geschenk aus dem Himmel.“
Sie bat mich aufgeregt, alles niederzuschreiben, jedes Wort, jede Einzelheit. Wir gingen dafür ins Haus zurück.
„Mira, ich muss Ihnen leider sagen, ich kann nichts damit anfangen, ich verstehe diese Botschaft nicht. Warum habe ich einen Dreikäsehoch als Schutzgeist? Und wieso sollte ich auf einer Brücke stehen?“
Sie schaute mich seltsam an. „Am besten fahren Sie jetzt nach Hause und schlafen mal drüber. Vielleicht träumen Sie davon, Melissa, und erlangen so mehr Klarheit. Die Vision war machtvoll. Sie ist wichtig für Sie. Mehr kann ich dazu nicht sagen.“
und Melissas Welt
Sonntagsfrühstück. Auf dem Tisch standen warme Brötchen, Butter, Honig, Käse und Bratenaufschnitt. Der heiße Kaffee duftete, für Miri hatte ich grünen Tee aufgebrüht. In den wie kleine Mützen geformten Porzellan-Eierbechern harrten braunschalige, hartgekochte Eier darauf, dass wir ihnen die Schale aufklopften, um den Inhalt zu genießen, mit einer Prise Kräutersalz gewürzt. Nichts fehlte. Nichts, außer Hannah. Es war wieder ein warmer Tag. Die Vögel hatten ihr Morgenkonzert längst beendet und waren nun auf Futtersuche oder gaben ihrem Nachwuchs Flugunterricht.
Robert und Miri plauderten draußen im Garten bei ihrer Pflegestation. Der Hahn hatte uns heute in der Früh aus dem Schlaf gerissen. Während ich Orangensaft in einen Krug füllte, dachte ich, wir müssen unbedingt im Ort nachfragen ob jemand sein Federvieh vermisst. Zu gern hätte ich gewusst, was mit Miri in der Nacht geschehen war, aber ich wollte nicht in sie dringen, sie musste von allein kommen und erzählen. Was immer vorgefallen war, es hatte sie verändert.
„Frühstück ist fertig!“, rief ich nach draußen.
Als ich die Porzellanbecher mit unseren Getränken füllte, nahmen beide am Tisch Platz.
„Wollen wir heute etwas unternehmen?“
Robert schüttelte den Kopf. „Ich kann nicht. Muss den Bürokram machen.“
„Übrigens, es gibt ein Problem mit Mutter. Ich habe gestern mit Onkel Walther telefoniert. Er sagt, sie hätte wohl Demenz. Neulich sei sie im Nachthemd einkaufen gegangen, und überhaupt wäre ihr Zustand besorgniserregend. Sie würde auch von der Diakonie betreut.“
„Oma ist krank? Was ist Demenz? Und wieso geht sie im Nachthemd nach draußen? So richtig auf die Straße, wo alle sie sehen können? Das glaube ich nicht, sie ist doch so auf Etikette bedacht.“ Miri sah richtig besorgt aus. Sie liebte und verehrte ihre Großmutter.
„Also, wir wissen nicht wirklich, ob sie an Demenz erkrankt ist, das kann nur ein Arzt feststellen. Aber es sieht sehr danach aus. Weißt du, wenn Menschen alt werden, kann es passieren, dass ihr Gehirn nicht mehr gut funktioniert. Sie bringen alle möglichen Dinge durcheinander, suchen ständig was, können sich nicht mehr gut erinnern was die nahe Vergangenheit angeht. An ganz alte Zeiten können sie sich fast immer gut erinnern, nur nicht an das, was gestern oder vor ein paar Minuten war“, versuchte ich zu erklären, ohne Miri unnötige Angst zu verursachen. Es war auch so schon beängstigend genug.
Robert bestrich sich ein zweites Brötchen dick mit Butter und Honig. „Ich meine, wir sollten uns selbst einen Eindruck von ihrem tatsächlichen Zustand verschaffen. Deinen Onkel Walther in Ehren, aber er ist selbst ein alter Mann. Ein sehr alter Mann. Wer weiß, ob das alles so stimmt, was er dir erzählt.“
Ich nickte nachdenklich. „Gut möglich. Ich kann aber nicht mitten in der Gartensaison für länger wegfahren. Außerdem muss ich Miri zur Schule fahren und abholen, bis die Ferien beginnen. Das habe ich dem Klassenlehrer versprochen.“
„Was schlägst du vor?“, fragte Robert. „Irgendwas müssen wir unternehmen. Wir sind ihre einzigen Verwandten.“
Das war einer der Gründe, weshalb ich meinen Mann so sehr liebte. Sein Verantwortungsgefühl der Familie gegenüber war groß und tief. Bei ihm war man wirklich sicher. Seine Liebe und Fürsorge beschränkte sich nicht auf mich und die Mädchen.
„Ich würde sie gern den Sommer hier verbringen lassen. Dann sehen wir ja, wie es ihr geht und können dann gemeinsam entscheiden, wie es mit ihr weitergehen soll. Möglicherweise braucht sie ständig Hilfe und Aufsicht. Weißt du noch, wie es bei den Nachbarn mit dem Vater vom Hans war? Den konnten sie zum Schluss nicht mehr aus den Augen lassen.“
„Oma kommt zu uns? Super. Sie könnte ja in Hannahs Zimmer schlafen. Oder ich ziehe in Hannahs Zimmer und sie nimmt meines, wenn ihr das besser gefällt. Wann holen wir sie? Morgen schon? Ich komme mit!“
„Morgen ist Schule!“, entgegneten wir ihr unisono.
„Aber das ist doch ein Notfall“, maulte Miri.
„Das könnte dir so passen. Du hast schon genug Schule versäumt, oder?“ Robert warf ihr einen strengen Blick zu. „Das muss alles vernünftig geplant werden. Und Johanna muss das selber auch wollen. Wir können nicht einfach so hinfahren und sie von Sylt wegbringen, sie muss erst gefragt werden. Natürlich so, dass sie gewillt ist, zu kommen.“
„Ja, ich werde sie einladen in die Sommerfrische, werde es ihr schmackhaft machen. Ich sage ihr natürlich nichts von unseren Befürchtungen und was Onkel Walther über sie gesagt hat. Aber ich glaube ihm. Es klang alles so echt, was er sagte. Am besten locke ich sie damit, dass sie sich um Miri kümmert, während wir arbeiten.“
„Gute Idee“, stimmte Robert zu. „Bist du damit einverstanden, mein Töchterlein klein“, frotzelte er. „Wenn du mitspielst bei diesem kleinen Komplott, wird Oma sicher nicht widerstehen. Du warst immer schon ihr Liebling.“
„Na klar, ihr könnt euch auf mich verlassen.“ Unbewusst straffte sie ihre Schultern und setzte sich gerade auf. „Und jetzt gehe ich wieder raus und füttere den Hahn und die anderen Tiere. Ich bin fertig mit Frühstück.“
Aus Mirandas Tagebuch (zehn Tage später)
Was soll ich nur tun?
Beata hasst mich jetzt. Alle hassen mich. Sie sagt, ich hätte ihren Kerl fast umgebracht. Blödsinn. Der Typ ist zu hohl zum Sterben. In seiner Birne ist nichts, was man durch einen wohlplatzierten Schlag beschädigen könnte. Ich bin echt froh, dass Mama mich in der letzten Schulwoche hingefahren und abgeholt hat. Boah nee, wie ein kleines Gör, ich fasse es nicht, aber ich war ehrlich froh drüber. Beata will, dass ich als Entschädigung für ihren Typen den Drogenkurier spiele. Wenn ich mich weigern würde, dann täte es mir sehr bald leid. Dann wäre Rache angesagt.
Sie hat ihr Wort gehalten. Was sie ja sonst eigentlich nie tut, aber jetzt schon. Die haben mir doch tatsächlich den Besitzer vom Hahn auf den Hals gejagt. Haben behauptet, sie hätten gesehen, wie ich das Tier gestohlen hätte. Haben ihm dann meinen Namen gesagt, die Adresse gegeben. Hat der vielleicht einen Scheiß-Aufstand gemacht, als er hier war. Der hat mir gar nicht zugehört, dass ich den Hahn in Wahrheit gerettet und gepflegt habe. Hat nur rumgeschrien, der Alte. Bis Papa kam. Gott, war ich froh, als Papa um die Ecke kam. Mama war nicht da gewesen, sie hatte ihre Freundin besucht. Papa hat für mich gelogen. Hat gesagt, ich wäre mit Sicherheit in der fraglichen Nacht zuhause gewesen und er würde gar nicht verstehen, weshalb man über mich so schlimme Sachen sagt. Ob er vielleicht einen Schnaps auf den Schreck wolle? Und ob der Hahn nicht tadellos okay wäre, das wäre doch viel wichtiger? So hat er mit ihm gesprochen. Die beiden haben dann ein Gläschen gemeinsam getrunken, und Papa hat ordentlich nachgeschenkt. Dann war der Alte wieder friedlich. Hat sich sogar noch von mir verabschiedet und ich solle es ihm nicht nachtragen. Es wäre sein bester Hahn und er wäre eben sehr aufgeregt gewesen. Naja. Hauptsache, dem fällt nicht ein, doch noch zur Polizei zu gehen. Die wissen ja, dass ich in dieser Nacht eben nicht zuhause war. Und dann würde Papa aber alt aussehen.
Was habe ich nur getan?
Wenigstens ist die Schule aus. Also, da gehe ich nie wieder hin. Das hat doch alles keinen Sinn mehr. Aus mir wird eh nix. Ich bin eben nicht so wie die glorreiche Hannah, die immer alles besser weiß und kann und immer alles richtig macht und so.
Aber ein Gutes gibt es: Oma ist endlich da!
Und jetzt habt ihr die Chance am Ende von Marlies´ Woche etwas Tolles zu gewinnen.
Beantwortet uns dazu jeden Tag eine Frage. Je mehr Fragen richtig beantwortet werden um so mehr Lose können gesammelt werden. 😉
Unsere heutige Frage:
Wo möchte die Marlies am liebsten wohnen?
Regeln:
♥︎ Seid über 18 Jahre alt oder habt die Erlaubnis eurer Eltern.
♥︎ Nach Ablauf des Gewinnspiels kann ich euch im Falle des Gewinns eine Email senden. Hierfür müsstet ihr mir eure E-Mail hinterlassen.
♥︎ Wir übernehmen keine Haftung und es gibt keinen Ersatz falls das Paket verloren geht.
♥︎ Der Gewinn wird nicht bar ausgezahlt.
♥︎ Das Gewinnspiel startet heute am 21.09.2015 und endet am 27.09.2015 um 24:00Uhr. Die “Offenbarung” wird es auch zeitnah geben.
♥︎ Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.